Bregenz Wenn Elmar Hagen "es tröpfelt" sagt, meint er nicht das Vorarlberger Herbstwetter, sondern die aktuelle Situation bei Gewerbeimmobilien. Für den Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder stellt sich die Situation wenig rosig dar. Im Bürobereich stehen mehrere Tausend Quadratmeter an Flächen leer, vermutet Hagen. Gewerbegrundstücke hingegen seien rar und teuer.

Vorarlberg sei nicht der Standort für Büroimmobilien, sagt der Händler. Die hier etablierten Großbetriebe bauten ihre eigenen Verwaltungszentralen, der erhoffte Zuzug aus der Schweiz sei ausgeblieben. "Man hat sich ja gedacht, dass Schweizer Firmen von hier aus den europäischen Markt erobern möchten." Die Schweizer gingen lieber auf die andere Rheinseite, nach Deutschland. Dort seien Immobilien günstiger und der französische Markt näher.

Die Preisentwicklung bereitet Hagen Kopfzerbrechen. Für Büromieten ist mit 10 bis 14 Euro pro Quadratmeter zu rechnen, selber bauen wird auch für Gewerbetreibende immer teurer. "In guten Lagen, beispielsweise rund um den Dornbirner Messepark, sind 500 Euro pro Quadratmeter günstig." Nachsatz: "Ich spreche von Gewerbe-, nicht von Wohngebiet."

Wohnen in Bestlage sei für Normalverdiener ohnehin unerschwinglich geworden. Bis zu 1000 Euro klettern die Preise in See- oder städtischer Hanglage. Wer sich die Villa am See oder Berghang nicht leisten kann, muss für die Wohnungsmiete in Vorarlberg durchschnittlich mit zehn Euro pro Quadratmeter rechnen.

Die ganz scharfe Preissteigerung sei zwar vorbei, "aber signifikant fallen werden die Preise nicht", sagt Hagen, "eher vermute ich, dass sie sich auf hohem Niveau einpendeln".

 Hagen sieht den Grund für die Teuerung in der Bodenknappheit. "Die Grundstückseigentümer sind in einer Machtposition, die lassen sich bitten." Hagens Lösungsvorschlag: "Die Raumplanung muss umdenken. Die Siedlungsgrenzen wurden vor 35 Jahren festgelegt. Sie sind überholt." Während der Kammerfunktionär die Siedlungsgrenzen durch Neuwidmungen ausdehnen will, denken die Initiatoren des Vereins "Bodenfreiheit" ganz anders.

Verdichtung im Zentrum

Die Bürgerinnen und Bürger versuchen, gemeinsam mit Raumplanung und Kommunalpolitik Ideen zu nachhaltigem Bodenmanagement zu verbreiten. Vorarlberg habe nicht zu wenig gewidmete Flächen, sondern zu viele. Obwohl ein Drittel des gewidmeten Baulands, rund 4300 Hektar, noch nicht bebaut sei, würden täglich 1500 Quadratmeter Grünfläche umgewidmet. Ziel der Initiative ist der Ankauf von Flächen zur Freihaltung.

Wie die Vision Rheintal, die Denkgruppe der Landesregierung zu Raumplanungsfragen, sehen die Bodenfreiheitskämpfer eine Lösung der Grundstücksproblematik in der Verdichtung innerorts.

Dieses Ziel ist nicht leicht zu erreichen. So tüftelt man in Bregenz bereits seit 2009 an der Überbauung des Bahnhofviertels. Zwei Projekte unterschiedlicher Entwickler von Prisma über Schertler bis Rhomberg wollen 29.000 Quadratmeter Stadtfläche komplett neu gestalten. Einkaufen, Wohnen und die Bahn- und Busbenutzung sollen urban werden. Die Umsetzung haben sich alle Beteiligten leichter vorgestellt, auch Verkauf und Vermietung der Flächen.

Am 1. Oktober will man nach langer Geheimniskrämerei über die Umplanungen die Bürgerinnen und Bürger wissen lassen, was aus ihrer Stadt wird, welche Zugpferde ins neue Konsumparadies am See locken werden. Und ob man sich die Mieten in der Seestadt oder die Preise für Eigentum im Seequartier wird leisten können.

Was die Preise treibt

Dass die Grundstücksbevorratung die Preise davonmarschieren lässt, ist für den Bauunternehmer Hubert Rhomberg ein Grund für teures Bauen in Vorarlberg. Die weiteren Gründe will er in einem einjährigen Projekt analysieren lassen. Er reagiert damit auf die heftige Diskussion über Bau- und Wohnkosten und schnelle Antworten von Branchenkollegen und Gewerkschaftern. Rhomberg will "eine objektive Analyse aller Kostentreiber".

Jeder einzelne Faktor müsse genau geprüft werden. "Wir müssen die politischen Rahmenbedingungen, die Vorschriften und das Förderwesen hinterfragen", sagt Rhomberg. "Ohne Tabus und Dogmen" gelte es, Lösungen für leistbares und ressourcenschonendes Wohnen zu finden. In einem Jahr soll die Studie vorliegen. 

ursprung:http://derstandard.at/1379291704145/Der-Boden-ist-knapp-das-Bauen-teuer