Das Thema CO2-Reduktion hat sich in der Immobilienwirtschaft in den letzten Jahren zu einem bedeutendem Wettbewerbsfaktor entwickelt – und dieser zeigt sich vielschichtig. Während an den wohnwirtschaftlichen Märkten Fragen vor allem nach einem Passivhausstandard oder einer nachträglichen Dämmung das Geschehen bestimmen, liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten im gewerblichen Segment zumeist auf der Erfassung und Reduktion der CO2-Werte.

 

Hinzu gesellen sich in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem die sogenannten Nachhaltigkeitszertifikate oder, in der Fachsprache, die Gebäudelabels. Kaum ein Neubau mehr in den großen Bürozentren Deutschlands, welcher ohne diese Qualitätsauszeichnung auskommt. Die gängigen sind dabei das amerikanische LEED-, das britische BREEAM- und das deutsche DGNB-Zertifikat.

 

Anders sieht es gleichwohl in den B- und C-Standorten aus. Der Siegeszug der Gebäudezertifizierungen scheint hier noch nicht in Gänze angekommen zu sein. Doch lässt man die bloße Aufzählung und den Wettbewerb, welcher Anbieter nunmehr die meisten in Deutschland hat, hinter sich, stellt sich die Frage nach dem eigentlichen wertstiftenden Beitrag – jenseits der DIN- oder ISO-Norm für Neubauten. Zumal es sich bei einem Preis für das Zertifikat von durchschnittlich einem Prozent des Objektwertes um eine durchaus stattliche Summe handelt.

 

Was ist ein Green Building?

 

Nachhaltig errichteten und wirtschaftlich betriebenen Gebäuden wird ein hohes Maß an Effizienz, Umweltfreundlichkeit und Ressourceneinsparung unterstellt. Mehr noch: Nachhaltige Immobilien sind der Garant für einen langfristigen Werterhalt – für Investoren, Eigentümer und Nutzer gleichermaßen. Doch was sind nachhaltige Gebäude? Oft wird dieser Objekttypus mit zertifizierten Gebäuden gleichgesetzt. Bezogen auf den Gesamtmarkt ist es gleichwohl ein Segment, welches ein noch sehr eingeschränktes Marktvolumen repräsentiert. Ferner existieren daneben Gebäude, die diesen Anforderungen ohne Weiteres genügen, ohne dass dies durch einen Zertifizierungsprozess belegt worden ist.

 

Gerade in Deutschland wird diese Frage aktuell intensiv diskutiert. Wer trägt die Kosten eines solchen Zertifizierungsprozesses und was ist der kurz- und mittel- bis langfristige ökonomische Nutzen desselben? Einfacher gefragt: Warum sollte man diesen Weg gehen? Grundsätzlich hat sich herauskristallisiert, dass grüne oder nachhaltige Immobilien als Gebäude bezeichnet werden, die sich durch eine Ressourceneffizienz in den Bereichen Energie, Material und Wasser auszeichnen und deren schädliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit somit reduziert sind. Umgangssprachlich hat sich der englische Terminus “Green Building” durchgesetzt.

 

Vielfalt der Zertifikate

 

Für Mieter in Bürogebäuden spielen heute vor allem niedrige Betriebskosten und Energieeffizienz eine sehr zentrale Rolle. Zertifizierungen stellen daher immer öfter ein entscheidendes Anmietungskriterium dar. Um die Einhaltung verschiedener Nachhaltigkeitskriterien nachzuweisen, haben sich eine Reihe von Gütesiegeln und Zertifikaten etabliert. Auf einen einheitlichen anerkannten internationalen Standard konnte man sich bis dato noch nicht einigen und dies wird sich auf absehbare Zeit auch nicht einstellen. Somit liegen teilweise unterschiedliche Systematiken und Bewertungskriterien vor, wodurch sich die Bewertungsergebnisse sehr stark unterscheiden können. Negativ formuliert: Ein deutsches DGNB-Zertifikat kann nicht mit einem britischen BREEAM verglichen werden.

 

Viele Industrieländer verfügen heute über nationale Gebäudezertifikate. International relevant sind allerdings hauptsächlich das amerikanische LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) und das britische BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method). Hat man folglich in seinem Gebäude in Frankfurt oder Hamburg primär anglo-amerikanische Mieter, so steht bei denen ein LEED- oder BREEAM-Zertifikat in der Gunst bei einer Anmietung.

 

Gesteigerte Rendite

 

Das Ziel von nachhaltigen Gebäuden ist vor allem ein Qualitätsziel – verbunden mit der Erzielung einer attraktiven Rendite. So sind nachhaltige Gebäude wirtschaftlich effizient, umweltfreundlich und ressourcensparend. Damit behalten nachhaltige Gebäude langfristig ihren Wert – für Investoren, Eigentümer und Nutzer gleichermaßen. Ihnen werden dabei verschiedene Aspekte zugesprochen, zu denen neben verbesserten Gebäudeeigenschaften auch ökonomische Vorteile wie geringere Betriebskosten zählen (siehe Aufzählung unten).

 

Vor allem für Investoren sind weitere Aspekte wie Wettbewerbsvorteile beim Verkauf und und eine höhere Wertsteigerung der Immobilie wesentlich. Gebäudezertifikate dienen aktuell vorrangig der Kommunikation, da in Due-Diligence-Prozessen dargelegt werden kann, auf welchem Niveau sich die Immobilie befindet und welche Investitionen zu erwarten sind.

 

Geweitete Perspektive

 

Mit den Objektzertifizierungen allein ist es gleichwohl nicht getan. Auch im Jahr 2014 werden die Immobilienunternehmen Nachhaltigkeitsziele verfolgen. An vorderster Stelle ihrer Planungen stehen hierbei die Implementierung des Carbon Footprint und die Intensivierung der Stakeholder-Dialoge (82 Prozent der Befragten). Ferner wird die Ausweitung des Green Facility Managements, die CO2-Reduktion und eine erhöhte Gebäudetransparenz angestrebt. Ein Großteil der Unternehmen wird auch sogenannte Green Leases anbieten bei der Gebäudevermietung.

 

Die Dynamik, welche sich hierin verbirgt, hat ihre Relevanz auch für die Zertifizierungen. Investoren stellen zunehmend die Frage, ob Zertifikate allein überhaupt ausreichend sind. Eine aktuelle Umfrage von IVG CS&Research unter europäischen Investoren zeigt, dass das Interesse an Gebäudezertifikaten nicht mehr signifikant hoch ist. Erste Sättigungstendenzen machen sich bemerkbar. Nur noch 44 Prozent der Befragten fordern die ausschließliche Zertifizierung der Objekte. Bereits zwölf Prozent verlangen dagegen künftig kein Zertifikat. Für weitere 44 Prozent ist der Punkt „Gebäudezertifikat“ nicht mehr allein ausschlaggebend – sie erwarten eine tiefgehende Analyse der Gebäude, in welche sie investieren und des bisherigen Gesamtportfolios. Das bedeutet: einen verbesserten Überblick über die Energiebilanz des Gebäudes beziehungsweise des Gesamtportfolios.

 

Unternehmensweite Energiebilanz

 

Die unternehmensweite Verbrauchsdatenerfassung rückt so in den engeren Fokus. Die Analyse des gesamten Energie- und Wasserverbrauchs sowie des Abfallaufkommens trägt dazu bei, einen detaillierten Überblick über das eigene Portfolio zu erhalten. Durch die Erfassung der aktuellen Werte ist auch eine Bilanzierung der CO2-Emissionen möglich. Neben einem umfassenden Portfolioscreening lohnt es sich auch, die Investment- und Fondsstrategie an bestimmten Nachhaltigkeitskriterien auszurichten. Wer konkrete Ziele in diesem Bereich verfolgt und erreicht, wird auch eine positive Performance nachweisen können.

 

Im Ergebnis zeigt sich, dass Zertifizierungen in Märkten mit hohem Leerstand einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen. Trotz aller Erfolge der Nachhaltigkeitsbemühungen im Neubausegment, stehen wir nunmehr vor einer gleichwohl größeren Herausforderung: dem Bestand. Und der hat es in sich, denn in die Jahre gekommene Objekte definieren sich bei den hohen technischen Standards in Deutschland letztlich nur durch das Gebäudealter selbst.

 

Insgesamt 70 Prozent des deutschen Bürobestands sind vor 1990 erbaut worden und bedürfen eines Refurbishments im Sinne der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Heute existierten eben andere Standards und Sichtweisen. Doch was ist, wenn zehn, 20 oder 30 Jahre nach Erstellung der Gebäude Anforderungen gestellt werden, die man damals kaum technisch für möglich gehalten hat? Oder ökonomisch ausgedrückt: die „grüne Revolution“ findet in den gebildeten Rückstellungen nicht statt. Mit Schrecken sei an die Asbest-Welle Anfang der 90er-Jahre erinnert.

 

Bestand rückt in den Fokus

 

Die heutigen Nachhaltigkeitsanforderungen sind für die meisten deshalb die Blaupause des Handelns im Asset Management. Damit die teilweise divergierenden Zielvorgaben – Verringerung des Energiebedarfs, Erhöhung der Energieeffizienz, Verringerung der Betriebskosten und damit die Reduktion der CO2-Emissionen – sich zum Nutzen aller Prozessbeteiligten auflösen. Genau darin liegt der Mehrwert, den Gedanken und die Aktivitäten der Zertifizierungen weiterzutragen. Denn der monetäre Mehrwert einer Zertifizierung zeigt sich nicht im Kaufpreisaufschlag, sondern in einem Abschlag auf diejenigen Objekte ohne Nachhaltigkeitsstandard beziehungsweise Zertifizierung.

 

Chancen sind folglich zuhauf gegeben. Wir erwarten, dass sich die Nachhaltigkeitsaktivitäten gerade bei Büroimmobilien in den kommenden Jahren zu einem entscheidenden Investitionsfaktor entwickeln werden, zumal sich etliche namhafte Unternehmen verpflichtet haben, möglichst emissionsreduzierend zu investieren, das heißt explizit ausschließlich in zertifizierte Immobilien. Für risikoaverse Investoren bedeutet dies, dass insbesondere „grüne“ Büroimmobilien den Anforderungen einer langfristig erfolgreichen Kapitalanlage gerecht werden müssen.

 

Autor Dr. Thomas Beyerle leitet den Bereich Corporate Responsibility & Research im Managementteam der IVG Immobilien AG.

 

 

 

Vorteile nachhaltiger Gewerbeimmobilien

 

Nachhaltige Büroobjekte bieten neben der besseren Energiebilanz auch ökonomische Vorteile.

 

Verbesserte Gebäudeeigenschaften bei:

 

- Wassereffizienz

 

- Energieeffizienz

 

- Abfallreduzierung

 

- Gesteigertes Wohlbefinden

 

- Geringere Umwelteinflüsse

 

Ökonomische Vorteile:

 

- Geringere Betriebskosten

 

- Geringere Leerstandskosten

 

- Mietsteigerungspotenzial

 

- Image

 

Für Investoren wichtige Aspekte:

 

- Wertgenerierung und Wertsteigerung von Immobilien

 

- Wichtiges Entscheidungskriterium beim An- und Verkauf

 

- Höhere Beleihungswertvorschläge

 

- Geringere laufende Kosten

 

- Substanzerhalt durch vorausschauende und bereits in der Konzeption

berücksichtigte Folgeinvestition zum Werterhalt

 

- Ertragssicherung und -steigerung von Immobilien durch stabilen

Cashflow und Verringerung der Lebenszykluskosten

 

- Der Wert der NachhaltigkeitBessere Finanzierungskonditionen

 

Quelle: cash-online.de