Die Rally in Wien endet zwar nicht direkt an der Ortstafel. Aber schon eine U-Bahn-Station vom ersten Bezirk sind die Immobilienpreise viel tiefer. Eine halbe Stunde Autofahrt von der Innenstadt entfernt kann es dann sogar Jahre dauern, bis ein Haus mit Garten einen Käufer findet; und wenn, dann zum selben Preis wie vor drei, fünf oder zehn Jahren – nämlich oft günstiger als eine Zweizimmerwohnung in einem Wiener Arbeiterbezirk.

 

Immobilienmakler und Immobiliensuchende klagen bereits länger über diese Zweiteilung auf dem Immobilienmarkt. Jetzt belegt der neue Fundamentalpreisindikator der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) den Trend: Während die Wohnimmobilienpreise in Wien derzeit um 21 Prozent überbewertet sind, ist Wohnen österreichweit um acht Prozent unterbewertet.

 

Dabei hat die OeNB Immobilienpreise mit Indikatoren wie Baukosten, Leistbarkeit und der Kredittragfähigkeit von Privathaushalten verglichen. Würde man Wien sowie Hotspots wie Salzburg und Graz aus den Österreich-Zahlen herausnehmen, wäre die Zweiteilung auf dem Immobilienmarkt noch deutlicher, sagt Wolfgang Feilmayr, Professor für Stadt- und Regionalforschung an der TU Wien, auf dessen Datensammlung die OeNB-Berechnungen basieren. Er erwartet eine Fortsetzung dieser Entwicklung.

 

Keine Blasengefahr

 

Eine generelle Immobilienpreisblase sieht keiner der Experten. „Die Überbewertung am Wiener Wohnimmobilienmarkt ist keine Gefahr für die österreichische Volkswirtschaft“, betont Doris Ritzberger-Grünwald, Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft in der OeNB. „Es findet ein Wandel vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt statt, aber eine Blase, die platzt, sehe ich in Österreich nicht“, sagt der TU Wien-Professor.

 

Zudem gebe es keine Anzeichen einer kreditbasierten Blase – die meisten Immobiliendeals werden mit einem Eigenmittelanteil von bis zu 100 Prozent finanziert, auch sind die Zinsen niedrig. Die Überbewertung Wiens sei zwar fundamental nicht gerechtfertigt, aber auf die jahrelange Unterproduktion und den Run der Privatanleger auf Wohnimmobilien zurückzuführen. Und seit sich die Krise etwas abschwächt, pendelt sich der Markt wieder ein – 2013 gab es bereits weniger Transaktionen.

 

Dass die Überbewertungs-Phase jahrzehntelang andauern könnte, erwartet die OeNB nicht. So gab es auch nach der Überhitzung Mitte der 90er-Jahre eine langsame Korrektur.

 

Plafond bei Luxus

 

Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter von EHL Immobilien sieht keine Blase – im internationalen Vergleich sei Wohnen in Österreich noch immer sehr günstig. „Wohnimmobilien gehören nach wie vor in jedes Investmentportfolio“, sagt Ehlmaier.

 

Er erwartet, dass die hohen Preisanstiege von früher vorbei sind, sich aber die Schere zwischen Stadt und Land weiter öffnet. Auch innerhalb der Städte würden zentrale Lagen teurer, allein beim absoluten Luxus sei der Plafond schon erreicht. Auch innerhalb der Hotspots würden Käufer immer mehr differenzieren, so werden Faktoren wie Grundriss, Ausstattung und Entwicklungspotenzial immer wichtiger.

 

Quelle: wirtschaftsblatt.at