Die wirtschaftliche Unsicherheit und die Flucht in Sachwerte haben in den letzten Jahren den Immobilienmarkt beflügelt. In den meisten Fällen erfolgt eine Vermittlung durch Immobilienmakler, welche hierfür grundsätzlich eine Provision erhalten. Fragliche Provisionen. In der Praxis versuchen Anbieter allerdings immer wieder, auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette zu partizipieren. Verkäufer und Makler sind zB untereinander beteiligt oder pflegen andere enge Beziehungen. Fraglich ist in diesen Fällen, ob und unter welchen Voraussetzungen der Makler Anspruch auf eine Provision hat. Zwingende Bestimmung. Gemäß §6 Abs 4 Maklergesetz steht dem Makler keine Provision zu, wenn er selbst Vertragspartner des Geschäfts wird oder-in der Praxis wichtiger-das mit dem Verkäufer geschlossene Geschäft wirtschaftlich einem Abschluss durch den Makler selbst gleichkommt. Bei einem sonstigen familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnis zwischen dem Makler und dem Verkäufer, das die Wahrung der Interessen des Käufers beeinträchtigen könnte, hat der Makler nur dann Anspruch auf Provision, wenn er den Käufer unverzüglich auf dieses Naheverhältnis hinweist. Diese Bestimmung ist zugunsten des Käufers einseitig zwingend und kann nicht abbedungen werden. 1 Eigengeschäft. Bei einem (wirtschaftlichen) Eigengeschäft gibt es überhaupt keinen Provisionsanspruch. Dies unabhängig davon, ob eine entsprechende Aufklärung erfolgte oder nicht. Die Rechtsprechung bejaht ein (wirtschaftliches) Eigengeschäft, wenn dem Makler gegenüber dem Verkäufer ein beherrschender Einfluss zusteht, wobei immer auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist. 2 Ein (wirtschaftliches) Eigengeschäft liegt etwa dann vor, wenn die Muttergesellschaft ein Geschäft durch eine Tochtergesellschaft vermittelt. 3 Naheverhältnis. Wenn kein (wirtschaftliches) Eigengeschäft vorliegt, ist zu prüfen, ob ein "sonstiges familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis" zwischen dem Makler und dem Verkäufer besteht, das die Wahrung der Interessen des Käufers beeinträchtigten könnte. Aufgrund der Formulierung des Gesetzes ist eine eher weitere Interpretation anzunehmen. Dabei sind die Art und Intensität der wirtschaftlichen Verflechtungen und deren Beziehung zueinander zu beachten. Eine Beteiligung des Immobilienmaklers an der Verkäufer-Gesellschaft indiziert häufig ein wirtschaftliches Naheverhältnis. Daneben können aber auch geschäftliche Abhängigkeiten aus einem Dienstverhältnis oder einer ständigen Zusammenarbeit zu einem wirtschaftlichen Naheverhältnis führen. Abzustellen ist auf das Ausmaß der Einflussmöglichkeiten und der wirtschaftlichen Eingebundenheit. 4 Aufklärung. Über ein Naheverhältnis ist der Käufer vom Makler unverzüglich, das heißt noch vor Aufnahme der Maklertätigkeit, aufzuklären. 5 Ist der Käufer ein Verbraucher (zB Privatanleger),hat die Aufklärung gem §30b Abs. 2 KSchG schriftlich zu erfolgen. Eine bloß mündliche Aufklärung reicht nicht aus. Gemäß OGH-Rechtsprechung entsteht bei Verletzung der schriftlichen Hinweispflicht kein Provisionsanspruch. 6 Die bloße Ankündigung in Inseraten kann den schriftlichen Hinweis im Sinne des §30b KSchG nicht ersetzen. 7 Vertragsformulare. Standardisierte Hinweise auf eine Nahebeziehung sind restriktiv zu beurteilen, da die gewünschte Warnfunktion nur dann erreicht wird, wenn diese grafisch hervorgehoben sind. 8 Inwieweit das Naheverhältnis offengelegt werden muss, ist im Einzelfall zu beurteilen. Der OGH hat einen Hinweis auf eine "Schwestergesellschaft" als ausreichend erachtet. 9 Gerade bei standardisierten Textbausteinen scheinen solche allgemeinen Formulierungen aber problematisch und können eine Verletzung des Bestimmtheitsgebotes gemäß §6 Abs. 3 KSchG darstellen. Fazit. Käufer können sich die Vermittlungsprovision ersparen, wenn ein (wirtschaftliches) Eigengeschäft vorliegt oder die Aufklärungspflicht hinsichtlich eines wirtschaftlichen Naheverhältnisses verletzt wurde. Aus Sicht des Maklers ist daher eine umgehende, ausreichende und (bei Verbrauchern) schriftliche Aufklärung über ein Naheverhältnis erforderlich, um den Provisionsanspruch zu wahren. Schließlich können irrtümlich zu Unrecht bezahlte Vermittlungsprovisionen innerhalb von 30 Jahren zurückgefordert werden. FUSSNOTEN OGH 30.6.2003,7 Ob 127/03g; RIS-Justiz RS0114076. Kriegner, Der Immobilienmakler-Pflichten und vertragliche Haftung, 37,113. OGH 10.05.2011,4 Ob 224/10k. Kriegner, aaO., 117. Fromherz, MaklerG,§§6,7, Rz 54; 1 Ob 201/07a; krit Kothbauer in immolex 2008/98. RIS-Justiz RS0115498. Prader/Markl, immolex 2011,202. Kolba in Kosesnik-Wehrle, KSchG3,§30b Rz 19. OGH 10.5.2011, 4Ob 224/10k. RECHTSGEBIETE, NORMEN UND LITERATUR Immobilienrecht, Maklerrecht; §6 Abs. 4 MaklerG; §30b KSchG; Kriegner, Der Immobilienmakler-Pflichten und vertragliche Haftung1 (2007);Fromherz, Kommentar zum Maklergesetz1 (1997);Kosesnik-Wehrle (Hrsg.),Konsumentenschutzgesetz3 (2010);Prader/Markl, Zum Provisionsanspruch des Bauträgermaklers, immolex 2011,202 (205);Kothbauer, Familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis-Aufklärungspflicht des Maklers, immolex 2008/98 (220)

 

 

Quelle: WirtschaftsBlatt, Print-Ausgabe, 2014-01-02