Es gab schon bessere Zeiten für Büroimmobilien - zumal in Kärnten. Falls sich dann doch einmal ein Investor traut, wird am liebsten auf der grünen Wiese geplant und gebaut. Die Gerald-Hehenberger-Privatstiftung dreht sich da gegen den Wind - und revitalisierte ein über 100 Jahre altes Gebäude mitten in der Klagenfurter Innenstadt. Hehenberger hat reichlich Erfahrung mit Gegenwind, schließlich gilt er mit seinen Unternehmen als Windkraft-Pionier.

101 Jahre hat die frühere Post- und Telegraphendirektion Kärnten in der Sterneckstraße auf dem Sockel. Majestätisch verkörpert das Gebäude mit neoklassizistischer Fassade die Jahrhundertwende, die auch Klagenfurt architektonisch streifte. Im Dezember 2007 zogen die letzten Postbeamten aus dem denkmalgeschützten Gebäude des Stadtbaumeisters Georg Horcicka aus, danach stand es leer. Zum Zeitpunkt des Verkaufs an Hehenberger im Jahr 2010 erinnerte hier noch vieles an die Ära der Postkutschen und Fernmelder.

Neukomposition eines architektonischen Klassikers

Betritt man heute nach einem zehn Millionen Euro teuren Umbau das runderneuerte Gebäude, besticht die gelungene Neukomposition des architektonischen Klassikers. Familie Hehenberger ging es dabei nicht anders als so vielen Sanierern: Ursprünglich sollten ja nur die Böden geschliffen und die Wände gestrichen werden. Ja, und daraus wurde eine Sanierung von Grund auf.

Größte Herausforderung war es, das Haus in zentraler Klagenfurter Lage fit zu machen für die Anforderungen eines modernen Bürolebens. Unglücklicherweise waren im Baujahr 1912 Pferdekutschen en vogue, für die weder Hoch- noch Tiefgaragen benötigt wurden. Die Schaffung von Parkraum war daher die dringlichste Aufgabe. In der neu errichteten, 3500 Quadratmeter großen Tiefgarage finden nun 100 Autos auf drei Ebenen Platz.

Und dann galt es die altehrwürdigen Räume in die Zukunft zu beamen, äh, renovieren. Die denkmalgeschützten Fenster und Türen wurden sorgfältig saniert, das Dach erneuert. So viel wie möglich zu erhalten war nicht nur Auflage, sondern auch Wunsch der Bauherrn. So überraschen Originalmöbel aus der Jahrhundertwende im modernen Konferenzraum; historische Zitate, etwa Jugendstillampen, finden sich im gesamten Haus. Aufzüge und Glasfaser im gesamten Haus verkörpern die moderne Seite des neuen "Palais Sterneck". Dazu gehört auch, dass den Mietern quasi ein "One-Stop-Shop" geboten wird, von der Buchhaltung bis zur Zeiterfassung kann hier alles zentral erledigt werden.

Einen positiven Nebeneffekt hatte der Umbau im ganz großen Stil auch für die Nachbarn: Drei riesige Handymasten, die nicht nur den Blick irritierten, wurden abgebaut. Und im Haus selbst wurden Altlasten entsorgt - 40 Tonnen Asbest wurden entfernt.

"Alte Gemäuer" und "High-Tech"

Dass die Pole "Alte Gemäuer" und "High-Tech" zu einem harmonischen Dreieck werden, verdankt Gerald Hehenberger seiner Gattin Gabriela, die die Energie in Haus und Garten zum Fließen bringt. Sie schuf Zonen, die zugleich Kraft und Ruhe vermitteln sollen. Im Garten, der Lebensfreude spenden soll, wurden spezielle Mineralien eingegraben. "Vitalitätspunkte" sollen auch im Bürogebäude selbst Lebensqualität stiften. Dazu gehört, dass alle Brunnen energetisiertes Wasser spenden. Im Foyer erfreut künftig eine Installation aus Murano-Glas. Gar nicht esoterisch: Der "Espressoturm", der in jedem Stockwerk Platz für eine Lounge bietet, gibt gestressten Büroarbeitern Raum zum Chillen.

Sogar bei der Auswahl der Mieter wird Wert auf das ungeschriebene Gesetz dieses Hauses, "Slow Motion", gelegt: Ruhe sollen sie ausstrahlen und in das elegante und gediegene Ambiente passen. Laut Maklerin Andrea Stürzenbecher wurden gar schon mehr Mieter freundlich abgelehnt als angenommen. Die Hälfte der 5000 Quadtratmeter Fläche wird von Hehenbergers Firmen genutzt, auch die Grünen scheinen kompatibel mit den Ansprüchen der Vermieter. Übrigens: Das revitalisierte Büro des Postdirektors ist noch zu haben.

 

Ursprung: kleinezeitung.at