WirtschaftsBlatt: Smart ist derzeit vieles im Immobiliensektor. Was heißt eigentlich Smart Building, Smart Living, Smart City?

 

Hannes Horvath, Geschäftsführer Durst Bau: Smart ist ein diffuser Begriff, der mehr abdeckt als Nachhaltigkeit, weil er sich nicht nur auf Technik, Energie und diese Themen fokussiert, sondern auch die Bedürfnisse mitnimmt. Es wird auf einmal über Grundrisse geredet, über Vernetzungen, die dem Menschen einen Mehrwert bringen.

 

Hans Haugeneder, Ingenieurkonsulent für technische Gebäudeausrüstung: Wenn ich Smart City ernst nehme, dann müssen die Gebäude miteinander kommunizieren. Das heißt, die Technik am Bau muss mehr werden.

 

Klaus Duda, Geschäftsführer Architekturbüro DTA: Ein Haus selber wird nur so intelligent sein, wie sich die Planer damit beschäftigen. Unser Ansatz ist es, dass wir zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit allen Beteiligten nachdenken, was der Mehrwert werden kann.

 

Christian Wagner, Projektentwickler: Ich verstehe smart sehr technisch, also alles, was man steuern kann. Als Projektentwickler muss man natürlich den Fokus auf das Gesamtprojekt haben. Da geht es sehr stark um Integration von vielen verschiedenen Komponenten.

 

Wir können uns darauf einigen, dass das Thema uns noch eine Weile beschäftigen wird?

 

Gerhard Haumer, Geschäftsführer Porreal Immobilienmanagement: Inhaltlich auf jeden Fall. Ich sehe nur die Gefahr, dass es genauso schnell ausgelutscht wird, wie man in der Vergangenheit die anderen Begrifflichkeiten falsch interpretiert oder von der politischen Seite missbraucht hat. Es klingt gut: Wir sind jetzt eine smarte City.

 

Wie kann man gegensteuern?

 

Haugeneder: Der Nutzwert des Gebäudes ist ein wesentlicher Faktor. Es ist wesentlich mehr Hirnschmalz einzusetzen, Technik einzusparen, als ein Gebäude zu überfrachten. Wovon ich nichts halte, ist, dass ich mit meinem Handy die Kaffeemaschine einschalte.

 

Wagner: In der heutigen Zeit kann man keinen Standard mehr über ein Projekt drüber legen, sondern muss sich überlegen: Für wen mache ich das? Und wenn ich es mache, muss ich es so machen, dass es die Nutzer auch verstehen. Das ist aus meiner Sicht eine riesige Hürde.

 

Was wollen die Nutzer?

 

Horvath: Die Nutzer kriegen Angstzustände, wenn ich ihnen sage: Da ist jetzt mehr Technik, da gehören Updates her. Beim Thema Wohnen ist der Mensch viel träger in seiner Veränderungsbereitwilligkeit. Langfristig wird aber sicher mehr Technik in die Wohnung kommen.

 

Was macht Sinn, was weniger?

 

Horvath: Die Technik, die mit der Idee der Fernsteuerung daherkommt, wird keine Zukunft haben. Der Lichtschalter rechts neben dem Eingang bei der Tür wird noch lange gegen jede Fernsteuerung gewinnen-vor allem in größeren Wohneinheiten. Denn wenn ich die Fernbedienung nicht finde, kann ich wieder auf Kerzenlicht umschwenken. Wir prüfen viel Technik, die an uns herangetragen wird. Wir sind sehr offen, wir sind nicht technikfeindlich. Intelligente Technik würden wir gerne einbauen.

 

Haugeneder: Wir haben in sehr vielen Gebäuden Zentralleittechnik. Wir kriegen da eine Datenmenge, die kein Mensch nutzt. Es fehlen die Fachleute, die sich hinsetzen und analysieren: Im vergangenen Jahr haben wir Sommer 34 Grad Außentemperatur gehabt. Wie hat da mein Haus reagiert? Das könnten sie alles abfragen. Es macht nur niemand.

 

Wie weit ist dann der Weg zu einer Smart City, wenn es schon im Kleinen so viele Probleme gibt?

 

Duda: Bei der Entwicklung geht man von einem Standardbewohner aus. Den gibt es aber nicht. Wenn ich ein Passivhaus baue, muss ich die Bewohner einschulen. Nicht einmal, sondern dreimal. Mir fehlt das Zukunftsorientierte in der Planung. Ein kleiner Prozentsatz, wo man ein bisschen experimentieren kann, wäre wichtig; ein paar Wohnungen in einer Wohnanlage, die anders sind. Wir Architekten sollten da mehr Druck machen, aber auch die Bauträger und Projektentwickler.

 

Wagner: Das kommt auf die Risikobereitschaft an und wenn nicht nur die Rendite im Vordergrund steht. Bei den Entscheidungsträgern bin ich mir da nicht so sicher.

 

Horvath: Heute ist der Bauträger eher Risikodompteur, der Risiken und Abläufe im Griff behalten muss. Auch der Kunde scheitert an verschiedenen Gremien. Die Bank sagt: Bitte nimm doch ein Produkt, das du wieder verkaufen kannst. Bitte nicht experimentieren. Wir haben auch schon überlegt, Wohnanlagen an sich anders zu gestalten. Das ist für Bauträger sehr gefährlich Es wird vom Markt nicht belohnt, hier einen Schritt nach vorn zu gehen.

 

Haumer: Ich bin kein Bauträger. Aber ich rege Bauherren an, das zu tun. Die Baubranche kann sich nicht abkoppeln. Da wird mehr kommen müssen. Ich vergleiche das gern mit der Automobilindustrie. Sogar den Mini gibt es in sechs Versionen. In der Baubranche glauben wir: Das gilt nicht. Wir glauben nur, jeden zwangsbeglücken zu müssen.

 

Duda: Das nachhaltigste Gebäude ist das, was ich nicht bauen muss. Wenn ich ein Gebäude errichte, das 100 Jahre hält, habe ich acht andere eingespart. Smart City heißt, Ressourcen und Kosten einzusparen und nicht irgendwo auf die grüne Wiese riesige Viertel zu bauen. Es gibt verschiedene Arten, eine Stadt zu erweitern. Man muss im Zentrum die Sanierung ernst nehmen und dann gibt es die neuen Viertel wie die Seestadt Aspern, wo erst eine U-Bahn hingebaut wird, damit dort ein Viertel entsteht, das dann die smarteste City von Wien ist.

 

Welchen Mehrwert gibt es, wenn ich smartbaue?

 

Haugeneder: Der Mehrwert ist, dass Betriebskosten kontrolliert und besser transparent gemacht werden und nur dann kann ich Energie einsparen. Je mehr Technik ich im Gebäude habe, um so mehr kann ich feinjustieren.

 

Wagner: Wenn man sich die Zertifizierungssysteme anschaut, steckt da sehr viel von dem Smart-Gedanken drin. Umgekehrt ausgedrückt: Es gibt einen Minderwert, wenn ich eine Zertifizierung nicht habe. Der Mehrwert für den Menschen-da gibt es offensichtlich ein ziemliches Spannungsfeld.

 

Haumer: Wenn ich das Projekt gut mache, dann ist die Zertifizierung sowieso nur ein Abfallprodukt.

 

Wagner: In der Praxis wird das sehr oft anders gelebt.

 

Haugeneder: Das Pickerl hat einen wesentlichen Vorteil: Der Planungsprozess hat von Beginn an eine andere Zielvorgabe. Wenn der Bauherr ein Bürogebäude mit einem Gold-Leed-Zertifikat haben will, dann ist das eine echte Herausforderung für alle Planer. Das verbessert die Gebäude sicher.

 

Duda: Es wird aber nur das berücksichtigt, was in den Zertifikaten gefordert wird. Weiche Faktoren stehen da nicht drin.

 

 

Quelle: wirtschaftsblatt.at